Heribert Hofer: „Wir empfangen die jungen Leute mit offenen Armen“
„Wir empfangen die jungen Leute mit offenen Armen“
Was wurde erreicht, was steht an? Nach zwei Jahren als GDNÄ-Präsident blickt Heribert Hofer zurück – und voraus auf spannende Zeiten mit der Jungen GDNÄ.
Herr Professor Hofer, Ihre Amtszeit als Präsident der GDNÄ neigt sich dem Ende zu. Wie blicken Sie zurück?
Mit einem guten Gefühl. Die Scheu, die ich zu Beginn angesichts der großartigen Geschichte der GDNÄ empfand, ist überwunden. Dazu beigetragen hat die positive Resonanz bei der Versammlung in Potsdam, deren wissenschaftliches Programm in meiner Amtszeit erarbeitet wurde. Heute bin ich mehr denn je überzeugt, dass die GDNÄ mit ihren Anliegen richtig liegt und eine Lücke im Wissenschaftssystem füllt. Denken wir nur an die einzigartige Verknüpfung des persönlichen, fachübergreifenden Austausches, wie wir ihn auf unseren Versammlungen pflegen, oder an die Programme zur Förderung junger Talente.
Sie engagieren sich seit vielen Jahren im Schülerprogramm der GDNA und haben das beliebte Science-Slam-Format „Wissenschaft in 5 Minuten“ auf die Beine gestellt. Empfinden Sie die Gründung der Jungen GDNÄ vor wenigen Wochen in Potsdam als Krönung Ihrer Amtszeit?
Krönung ist vielleicht eine Nummer zu groß, ich würde eher von einem Highlight sprechen. Mit der Jungen GDNÄ räumen wir den jungen Leuten deutlich mehr Mitsprache und Gestaltungschancen in unserer Gesellschaft ein. Erkennbar war das in Potsdam zum Beispiel bei den vielen Podiumsgesprächen, in denen junge Leute mit etablierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf Augenhöhe diskutierten. Das Format fand so großen Anklang beim Publikum, dass wir es in Zukunft beibehalten wollen.
© MIKA-fotografie | Berlin
Mittendrin: Professor Heribert Hofer bei der GDNÄ-Versammlung 2024 in Potsdam.
Bisher gab es das Schülerprogramm, jetzt ist fast immer die Rede von der Jungen GDNÄ. Wie hängt beides zusammen?
Das frühere Schülerprogramm geht in der Jungen GDNÄ auf. In ihr sind nicht nur Schülerinnen und Schüler der Oberstufe vertreten, sondern auch Studierende und Berufsanfänger. Das Altersspektrum ist also wesentlich größer als beim Schülerprogramm und reicht von 17 Jahren bis etwa 32 Jahre. Die Junge GDNÄ, das sind junge Leute mit sehr guten Leistungen in den naturwissenschaftlichen Fächern und in der Medizin und mit Interesse am tatkräftigen Einsatz in der GDNÄ.
Wie reagieren die Nachwuchstalente auf das Angebot?
Die freuen sich unglaublich über das Interesse gestandener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an ihnen. Viele von ihnen kommen nämlich mit der Vorstellung auf unsere Versammlungen, dass die Älteren sich nicht für sie interessieren – eine Erkenntnis, die mich in den letzten Jahren immer wieder erstaunt hat. Mit der Jungen GDNÄ empfangen wir die jungen Leute mit offenen Armen und das finden die toll. Es gibt auch schon eine Menge Anregungen und Wünsche. Deutlich wurde das kürzlich bei einer Strategiesitzung, an der neben dem GDNÄ-Vorstand auch drei gewählte Vertreterinnen und Vertreter der Jungen GDNÄ teilnahmen.
Was wünschen sich junge Frauen und Männer von der GDNÄ?
Zum Beispiel interessante Angebote zwischen den Versammlungen, Gelegenheiten zum persönlichen Austausch auf lokaler Ebene und mit etablierten GDNÄ-Mitgliedern.
Was folgt jetzt daraus?
Fest eingeplant ist eine Zusammenkunft der Jungen GDNÄ im kommenden Jahr, in dem ja keine große GDNÄ-Versammlung stattfindet. Das Treffen dient der inneren Vernetzung und Strategiediskussion. Wir wollen auch Ortsgruppen aufbauen, in denen GDNÄ-Mitglieder aller Altersstufen zusammenkommen, um zu diskutieren und sich gegenseitig zu unterstützen. Ein Anfang wurde bereits 2018 durch den damaligen Präsidenten Wolfgang Wahlster gemacht, aber in den Pandemiejahren ist die Initiative verständlicherweise eingeschlafen. Denkbar sind darüber hinaus interessante Veranstaltungen, zum Beispiel Führungen in Instituten oder Firmen. Wahrscheinlich werden wir in ein paar Universitätsstädten anfangen und unser Ortsgruppennetz Schritt für Schritt erweitern. Erste Gruppen gibt es voraussichtlich in einem halben Jahr.
© MIKA-fotografie | Berlin
„Wissen teilen heißt Wissen multiplizieren“ steht es auf dem T-Shirt, mit dem GDNÄ-Präsident Heribert Hofer zum Abschluss der 133. Versammlung in Potsdam von Generalsekretär Michael Dröscher bedacht wurde.
Sie skizzieren ein intergenerationelles Projekt. Werden die älteren GDNÄ-Mitglieder mitspielen?
Ich bin da ganz zuversichtlich. Die Beiträge der Jungen GDNÄ kommen bei den Versammlungen sehr gut an, sowohl bei den Vortragenden als auch beim Publikum. Und in vielen Gesprächen mit etablierten Mitgliedern habe ich eine große Bereitschaft gespürt, sich für die Förderung des Nachwuchses zu engagieren.
Das Vorhaben erfordert viel Koordination: Wer hält in der GDNÄ die Fäden zusammen?
Als künftiger Vizepräsident werde ich diese Aufgabe für zwei Jahre übernehmen. Darauf haben wir uns im Vorstand geeinigt. Es wird viel Arbeit sein, aber ich freue mich darauf.
Sie haben demnächst vielleicht auch mehr Zeit für solche Projekte.
Richtig. Ende März 2025 erreiche ich das Pensionsalter und damit endet meine Amtszeit als Direktor des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung. Auch die reguläre Professur für dieses Fachgebiet an der Freien Universität Berlin läuft dann aus. Ich werde zwar weiterhin als Seniorprofessor an meiner Universität tätig sein, aber die Arbeitsbelastung wird deutlich sinken. Das gibt mir Zeit für die GDNÄ.
Und was wird aus Ihrer spektakulären Hyänenforschung in der Serengeti?
Damit mache ich auf jeden Fall weiter. Nicht unbedingt vor Ort in Tansania, das machen jetzt andere, insbesondere Sarah Benhaiem, an die ich das Projekt übergeben habe. Aber in den 37 Jahren meiner Hyänenforschung sind große Datenmengen entstanden, die auf ihre Auswertung und Publikation warten. Das wird mich locker fünf Jahre beschäftigen.
© MIKA-fotografie | Berlin
Der Berliner Zoologe Prof. Dr. Heribert Hofer, GDNÄ-Präsident von 2023 bis 2024 und 1. Vizepräsident ab Anfang 2025.
Zur Person
Professor Heribert Hofer, Direktor des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin, wurde von der GDNÄ-Mitgliederversammlung für die Jahre 2023 und 2024 in das Präsidentenamt gewählt und war somit zuständig für die wissenschaftliche Gestaltung der 133. Versammlung im Jahr 2024 in Potsdam.
Der renommierte Zoologe (64) leitet das Leibniz-IZW in Berlin-Friedrichsfelde seit dem Jahr 2000 und ist seither auch Professor für Interdisziplinäre Wildtierforschung an der Freien Universität Berlin. Vor seiner Berliner Zeit forschte er von 1986 bis 1999 am Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie im bayerischen Seewiesen, zunächst als Postdoktorand, später als selbstständiger Wissenschaftler. 1997 habilitierte er sich an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einer Arbeit über das Verhalten von Tüpfelhyänen in der Serengeti-Savanne. Sein Studium der Zoologie begann Heribert Hofer an der Universität des Saarlandes und schloss es an der Universität Oxford mit der Promotion zum „DPhil“ ab.
Der GDNÄ ist der international bekannte Wissenschaftler seit vielen Jahren eng verbunden. Er engagierte sich als gewählter Fachvertreter und Gruppenvorsitzender für das Fach Biologie, mit Redebeiträgen auf Versammlungen, als Vizepräsident bei der Vorbereitung der 200-Jahr-Feier in Leipzig, und seit Anfang 2023 als Präsident der GDNÄ. Am 1. Januar 2025 wechselt Professor Hofer für zwei Jahre in das Amt des 1. Vizepräsidenten der Naturforschergesellschaft.
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