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    Lorenz-Oken-Medaille für Jacob Beautemps

    Am 3. Dezember 2025 wurde die Lorenz-Oken Medaille an den Wissenschafts-Youtuber Dr. Jacob Beautemps beim Forum Wissenschaftskommunikation in Stuttgart verliehen.

    Moderiert wurde die festliche Preisverleihung von Professor Michael Dröscher, Generalsekretär und Schatzmeister der GDNÄ. Deren Vizepräsident Professor Heribert Hofer übernahm die Einführung und übergab die Medaille. 

    Es folgte eine Laudatio, gehalten von zwei Vertretern des jungen Zielpublikums, beide Mitglieder des Jungen Netzwerks der GDNÄ. Kevin Yuan studiert im ersten Semester Medizin, Eric Andresen hat erfolgreich das Abitur bestanden und plant ein Physikstudium. Heribert Hofer: „Die beiden haben das mit großem Schwung gemacht, mit einem feinen Sinn für Humor, sehr kurzweilig und dennoch sehr informativ über den Preisträger und seine Aktivitäten.“ Es sei ein glänzender Auftritt gewesen, der auch den Geehrten sichtlich beeindruckt habe. 

    © Stefan Buchholz

    Nach der Preisverleihung: Eric Andresen, Jacob Beautemps und Kevin Yuan (v.l.).

    In seinem Festvortrag stellte Jacob Beautemps einige Regeln für den Einsatz von Social Media vor. Neben einer guten Visualisierung und Struktur sei unter anderem die Orientierung an den Fragen der Zielgruppe wichtig. 

    „Das Publikum zeigte sich sowohl von der Laudatio als auch vom Festvortrag beeindruckt“, berichtet Heribert Hofer. Nach dem Vortrag von Jacob Beautemps habe es eine hochinteressante Diskussion zwischen den sachkundigen Gästen und dem Geehrten gegeben.

    Lorenz-Oken-Medaille für Jacob Beautemps © Stefan Buchholz

    © Stefan Buchholz

    Die Lorenz-Oken-Medaille 2025 für Jacob Beautemps.
    Mit Urkunde: Die Professoren Heribert Hofer und Michael Dröscher (beide GDNÄ), Preisträger Dr. Jacob Beautemps und die Laudatoren Kevin Yuan und Eric Andresen.

    © Damian Gorczany/WiD

    Mit Urkunde: Die Professoren Heribert Hofer und Michael Dröscher (beide GDNÄ), Preisträger Dr. Jacob Beautemps und die Laudatoren Kevin Yuan und Eric Andresen.  

    Zur Person

    Jacob Beautemps kam 1993 zur Welt und wuchs in Essen auf. Nach dem Abitur studierte er Physik und Sozialwissenschaften an der Universität zu Köln. Neben dem Studium jobbte er bei der Produktionsfirma i&u TV von Günter Jauch. Sein 2018 gegründeter Youtube-Kanal Breaking Lab überschritt im Juni 2022 die Marke von 500.000 Abonnenten und hat Ende 2025 knapp 720.000 Abonnenten. Im Sommer 2022 erhielt Jacob Beautemps mit Science for Future ein eigenes Doku-Format in der ARD-Mediathek.

    Beautemps tritt regelmäßig als Redner sowie als Gast in Fernsehsendungen auf. Sein 2025 erschienenes Buch Unsere Zukunft neu denken ist in Deutschland ein Bestseller. 2024 promovierte er am Institut für Physikdidaktik der Universität zu Köln zu der Frage, wie Erwachsene mithilfe von Youtube-Videos lernen. Für seine Beiträge erhielt er etliche Auszeichnungen, darunter 2024 die Medaille für naturwissenschaftliche Publizistik der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Am 3. Dezember 2025 ehrte die Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte Jacob Beautemps mit der Lorenz-Oken-Medaille für die exzellente Vermittlung von Wissenschaftsthemen an ein junges Publikum.

    Weitere Informationen:

    Jacob Beautemps: „Schön ist es, andere zu inspirieren“

    „Schön ist es, andere zu inspirieren“

    Jacob Beautemps, Wissenschafts-Youtuber und GDNÄ-Preisträger, über die Regeln guter Kommunikation und wie es kam, dass er nicht Lehrer wurde.

    Herr Dr. Beautemps, Sie sind 32 Jahre alt, haben schon mehrere Preise für Ihre Art der Wissenschaftskommunikation bekommen und erhalten am 3. Dezember zusätzlich die Lorenz-Oken-Medaille der GDNÄ. Was macht Sie so erfolgreich?
    Ob ich jetzt so erfolgreich bin, weiß ich nicht. Aber zumindest bin ich seit acht Jahren konstant auf verschiedenen Medienkanälen unterwegs und bisher sind mir keine großen Fehler unterlaufen. Als Science-Youtuber veröffentliche ich jede Woche zwei neue Videos zu Wissenschaftsthemen – immer basierend auf Studien und anderen seriösen Quellen, die ich so transparent wie in einem wissenschaftlichen Paper angebe. Meine Community mag das und die ist mittlerweile auf mehr als 700.000 Leute angewachsen. Ich mache auch Dokumentationen fürs Fernsehen wie zum Beispiel die Serie Science for Future im SWR oder Beiträge für die Kindersendung Tigerenten Club in der ARD. Anfang des Jahres ist mein erstes Buch mit dem Titel Unsere Zukunft neu denken erschienen. Naja, und überall versuche ich so exakt wie möglich zu arbeiten und transparent mit meinen Quellen zu sein. 

    Was ist Ihr liebstes Format?
    Ganz klar Youtube. Das Medium ist unkompliziert, schnell und flexibel. Ich bin völlig frei in der Gestaltung der Videos, es redet mir niemand rein. Was nicht heißen soll, dass ich nicht gern dazulerne – zum Beispiel von den Fernsehprofis, mit denen ich zusammenarbeite. Das neue Know-how nutze ich dann wieder für meine Videos. Seit einem Jahr betreibe ich auch einen englischsprachigen Kanal für das internationale Publikum. Schauen Sie mal unter The German Science Guy

    @ IdeenExpo

    Auf der Bühne der IdeenExpo 2024 in Hannover zeigt Jacob Beautemps wie man Eis mithilfe von Stickstoff herstellt. Die seit 2007 alle zwei Jahre stattfindende Veranstaltung will junge Menschen für Naturwissenschaften und Technik begeistern.

    Wie wählen Sie Ihre Themen aus?
    Mich interessieren vor allem Zukunftsthemen und Themen, die viel diskutiert werden, bei denen aber kaum jemand mal etwas tiefer reinschaut. Wichtig ist da immer der Bezug zu unserem Leben. Ein Beispiel ist die Wärmepumpe. Da wurde viel drüber gestritten und die meisten Leute wussten gar nicht, was das Prinzip dahinter ist. Hier habe ich dann einen Deep Dive gemacht, der fast 20 Minuten dauerte, dafür aber wirklich das Prinzip erklärt hat. Das Video haben sich am Ende mehr als 1,2 Millionen Menschen angeschaut. 

    Ihr Spektrum reicht vom Polio-Impfstoff über Krachmacher im Urwald bis zum Strom aus Regen. Wie schaffen Sie es, über all diese Themen kompetent zu berichten? 
    Zum Glück habe ich ein tolles Team, das mir bei Recherche und Umsetzung hilft. Wir sind momentan zu fünft in der Redaktion. Unser Ziel ist immer, wissenschaftlich fundierte Videos auf dem neuesten Forschungsstand zu produzieren.

    Und wenn einmal ein Fehler passiert?
    Das kommt vor und dann ist es wichtig, transparent damit umzugehen. Ich spreche den Fehler in einem der nächsten Videos an und stelle die Sache richtig. Das schafft Vertrauen.

     Wie reagiert das Publikum auf Ihre Beiträge?
    Bei Youtube zuerst mit Klickzahlen, derzeit sind es im Schnitt 4,5 Millionen Aufrufe pro Monat. Ich habe das Glück, mit Anfeindungen kaum zu tun zu haben. Und wenn doch, dann bekriege ich mich nicht mit den Leuten, sondern verweise auf die Quellen, welche ich ja immer angebe. Schön ist es, wenn ich andere inspirieren kann. Da gibt es dann Kommentare wie: Hey, durch Dich bin ich auf das Thema erneuerbare Energien gekommen, das studiere ich jetzt. Oder: Ich berichte über ein Start-up, besuche es später noch einmal und treffe dort Leute, die durch mich auf die Firma aufmerksam wurden und jetzt dort arbeiten.

    Es gibt auch andere erfolgreiche Science-Youtuber in Deutschland. Unliebsame Konkurrenz für Sie?
    Ganz im Gegenteil, wir profitieren voneinander. Wer zum Beispiel ein Video von Mai Thi anschaut, hängt anschließend oft noch eins von mir dran – und umgekehrt. Außerdem haben wir unterschiedliche Schwerpunkte. Bei mir geht es meistens um Innovationen, bei anderen Science-Youtubern vielleicht eher um Ernährung oder Medizin. Das ist das Schöne an YouTube: Man muss nicht wie im TV um Sendeplätze kämpfen, sondern fördert sich gegenseitig.

    @ Beautemps

    Jacob Beautemps im Interview mit Bill Gates und Polio-Überlebenden. In dem 2023 geführten Gespräch ging es um die internationale Polio-Initiative, die Gates maßgeblich unterstützt.

    Bei der Preisverleihung in Stuttgart werden Sie eine Rede halten und einige Regeln erfolgreicher Wissensvermittlung vorstellen. Welche sind das?
    Ich kann ein paar Beispiele geben. Aus der Forschung wissen wir, wie hilfreich es ist, mit Fragen zu arbeiten. Hierbei geht es nicht nur darum, mit Fragen neugierig zu machen. Experimente konnten zeigen, dass das gezielte Thematisieren von falschen Vorstellungen sehr dabei hilft, diese aufzulösen. Ohne diese Fragen, das ergaben die gleichen Experimente, findet kaum ein Lerneffekt statt. Größtmögliche Transparenz ist weiterer Punkt. Dazu gehört, dass man sich mit der eigenen Expertise vorstellt und darlegt, woher die präsentierten Informationen kommen. So entsteht Vertrauen und das ist das A und O guter Kommunikation. Besonders einprägsam werden Botschaften durch Visualisieren und Emotionalisieren. Es gibt da ganz viele Tricks – in Stuttgart werde ich ein paar Beispiele nennen.

    Wie kamen Sie eigentlich zur Wissenschaftskommunikation?
    Das war ein totaler Zufall. Eigentlich wollte ich Lehrer werden. Während meines Studiums in Physik und Sozialwissenschaften habe ich bei der Kölner Produktionsfirma von Günther Jauch gejobbt, immer hinter der Kamera. Als ich gefragt wurde, ob ich einen Youtube-Kanal für die Firma aufbauen könne, habe ich das gemacht. Auch hier blieb ich hinter der Kamera. Irgendwann kam die Frage, ob ich nicht auch mal vor die Kamera gehen wolle. Zuerst sagte ich, nee, eigentlich nicht, aber mit Mitte Zwanzig habe ich es doch gemacht. Dann ergab eins das andere.

    Eine Promotion ist für Ihren Beruf nicht unbedingt erforderlich. Sie haben sich dennoch dafür entschieden. Warum?
    Aus purer Neugier. Mich interessierte die Frage, warum und wie die Leute Lernvideos nutzen und was solche Videos erfolgreich werden lässt. Dazu habe ich dann eine Studie mit rund fünftausend Erwachsenen aus Deutschland gemacht, die häufig Wissenschaftsvideos anschauen und bin zu ein paar interessanten Ergebnissen gekommen. Zum Beispiel: Ein wichtiger Grund für das Publikum, sich mit einem Thema zu beschäftigen, ist die Person vor der Kamera. Da entsteht eine parasoziale Beziehung, das Gefühl, den anderen zu kennen, auch wenn man sich nie persönlich begegnet ist. Man verbringt Zeit miteinander, mit der Zeit entwickelt sich Vertrauen. Aus meinen Ergebnissen habe ich einen Leitfaden mit 17 Regeln für die bestmögliche Produktion von Lernvideos abgeleitet. Im Prinzip kann die Studie aber allen, die kompetent kommunizieren wollen, von Nutzen sein. Denn die gleichen Regeln gelten auch, wenn ich eine Präsentation mache, einen Kurs halte oder sonst wo etwas erklären will, das nicht ganz trivial ist. 

    Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
    Viele, wobei mir gerade ein Vorhaben besonders am Herzen liegt: Im nächsten Jahr will ich zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus der Wissenschaftskommunikation einen Preis für Innovationen made in Germany ins Leben rufen. Deutschland ist ein hochinnovatives Land, das möchten wir einem großen Publikum zeigen. Aktuell sind viele Leute hier zu pessimistisch. Es wird Auszeichnungen in verschiedenen Kategorien geben, zum Beispiel für Neuerungen in den Bereichen Medizin, Energie und Mobilität. Die Bundesagentur für Sprunginnovationen wird uns helfen, unter den hoffentlich vielen Bewerbungen die überzeugendsten Projekte zu identifizieren. Die stellen wir dann in Videos vor und lassen unsere Communities über die Preisträger abstimmen. Aktuell suchen wir nach Partnern und bitten Unternehmen und Wissenschaftsinstitutionen um Unterstützung.

    Saarbrücken 2018 © Robertus Koppies

    © Boris Breuer

    Dr. Jacob Beautemps

    Zur Person

    Jacob Beautemps kam 1993 zur Welt und wuchs in Essen auf. Nach dem Abitur studierte er Physik und Sozialwissenschaften an der Universität zu Köln. Neben dem Studium jobbte er bei der Produktionsfirma i&u TV von Günter Jauch. Sein 2018 gegründeter Youtube-Kanal Breaking Lab überschritt im Juni 2022 die Marke von 500.000 Abonnenten und hat Ende 2025 knapp 720.000 Abonnenten. Im Sommer 2022 erhielt Jacob Beautemps mit Science for Future ein eigenes Doku-Format in der ARD-Mediathek.

    Beautemps tritt regelmäßig als Redner sowie als Gast in Fernsehsendungen auf. Sein 2025 erschienenes Buch Unsere Zukunft neu denken ist in Deutschland ein Bestseller. 2024 promovierte er am Institut für Physikdidaktik der Universität zu Köln zu der Frage, wie Erwachsene mithilfe von Youtube-Videos lernen. Für seine Beiträge erhielt er etliche Auszeichnungen, darunter 2024 die Medaille für naturwissenschaftliche Publizistik der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Am 3. Dezember 2025 ehrt die Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte Jacob Beautemps mit der Lorenz-Oken-Medaille für die exzellente Vermittlung von Wissenschaftsthemen an ein junges Publikum.

    Saarbrücken 2018 © Robertus Koppies

    @ IdeenExpo

    Moderator Jacob Beautemps bei der Show „Wissen live“ auf der IdeenExpo 2024.
    Weitere Informationen:

    Michal Kucera: „Willkommen in einer stolzen Wissenschaftsstadt“

    „Willkommen in einer stolzen Wissenschaftsstadt“

    Professor Michal Kucera, Konrektor für Forschung und Transfer an der Universität Bremen, über sein Engagement für die GDNÄ-Tagung 2026 und Wissenschaft in einer Stadt der kurzen Wege.

    Herr Professor Kucera, Sie haben das Amt des wissenschaftlichen Geschäftsführers für die GDNÄ-Versammlung 2026 in Bremen übernommen. Was hat Sie daran gereizt?
    Ich kenne die GDNÄ aus meiner Zeit an der Universität Tübingen. An die von der Medizin-Nobelpreisträgerin und damaligen GDNÄ-Präsidentin Christiane Nüsslein-Volhard ausgerichtete Versammlung kann ich mich noch gut erinnern. Mit ihren fachübergreifenden Vorträgen und ihrem Schülerprogramm war die Tagung für mich ein Vorbild für moderne Wissenschaftskommunikation. Zur Wissenschaftsstadt Bremen, in der ich seit dreizehn Jahren arbeite, passt das alles sehr gut. Ich habe daher gern zugesagt, als mich die heutige Präsidentin der GDNÄ bat, die Aufgabe zu übernehmen. 

    Wie können wir uns Ihre Tätigkeit als wissenschaftlicher Geschäftsführer vorstellen?
    Ich bereite der GDNÄ die Bühne vor Ort und unterstütze sie mit meinen Kontakten in der Bremer Wissenschafts-, Bildungs- und Kulturszene. Da geht es um die Gewinnung von Vortragenden, gute Adressen für das Begleitprogramm oder auch um Kontakte zu Schulen und zur Stadtverwaltung. Die Zeit und Kraft dafür investiere ich gern. Für uns ist die GDNÄ-Versammlung eine willkommene Gelegenheit, die Stärken des Wissenschaftsstandorts Bremen unter Beweis zu stellen.

      © DHI Bremen

    Professor Michal Kucera stellt die KI-Forschung seiner Universität bei einer Tagung in der Bremer Messehalle vor. Nebenan im Congress Centrum wird die 134. Versammlung der GDNÄ stattfinden.

    Welche Stärken sind das?
    Der Stifterverband kürte Bremen im Jahr 2005 zur ersten deutschen „Stadt der Wissenschaft“. Das zeugt von der rasanten Entwicklung, die Hochschulen, Institute und die gesamte Wissenschaftsszene in Bremen und Bremerhaven in den letzten 50 Jahren gemacht haben. Ich selbst war immer von der großen Dichte an wissenschaftlichen Einrichtungen beeindruckt, die rund um unseren Campus im Technologiepark angesiedelt und miteinander stark vernetzt sind. Im Zentrum steht die Universität, drumherum scharen sich Hightech-Firmen und außeruniversitäre Institute. Die Wege sind kurz, gemeinsamer Treffpunkt ist oft die Mensa – das fördert Kooperationen. Mit unseren Schwerpunkten in der Meeresforschung, in künstlicher Intelligenz und Robotik, aber auch in den Sozialwissenschaften können wir international mithalten. Zudem ist Bremen eine tolle Stadt, die viel zu bieten hat. Die Menschen hier sind stolz darauf, in einer Stadt der Wissenschaft zu leben und sie kommen gern zu Vorträgen, Ausstellungen oder Diskussionsveranstaltungen. Die Bedeutung und der Nutzen von Wissenschaft für die Gesellschaft ist den Bremerinnen und Bremern bewusst.

    Das passt zum Motto der Versammlung 2026: Wissen schafft Nutzen – Wissenschaft nutzen.
    Ja, auch mit Blick auf die Anwendung von Forschung ist Bremen ein sehr geeigneter Tagungsort für die GDNÄ.

    Als Konrektor für Forschung und Transfer an der Universität Bremen sind Sie zuständig für den Anwendungsbezug von Forschung. Wie gehen Sie vor?
    Es ist mir wichtig, unsere Forschenden bei ihrem Engagement für Transfer zu unterstützen und unsere Wertschätzung für sie klar zu kommunizieren. Ich versuche zu verstehen, was Transfer fördert und was hinderlich wirkt. Dazu führe ich sehr viele Gespräche und versuche, Kolleginnen und Kollegen in der ganzen fachlichen Breite der Universität einzubinden. Wichtig ist uns auch, Kontakt zu lokalen Akteuren in Bremen zu pflegen, von der Kulturszene bis zu Wirtschaftsverbänden wie der Handelskammer und dem Industrieclub. Die enge Vernetzung ist der Schlüssel zum Erfolg für den Standort insgesamt.

    Sie sind seit drei Jahren im Amt. Was hat sich beim Transfer getan?
    Wir konnten einiges erreichen. Ein Beispiel ist der Digital Hub INDUSTRY, in dem wir zusammen mit kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Region maßgeschneiderte digitale Lösungen für die Industrie von Morgen entwickeln. Ein weiteres Beispiel ist das im Dezember 2024 gegründete Transferzentrum für nachhaltige Materialien, das matena innovate! center. Wir konnten uns in hartem Wettbewerb durchsetzen und die Hamburger Joachim Herz Stiftung für die Förderung unseres Standorts gewinnen. Hier entwickeln Forschungsteams der Universität und unserer Partnerinstitute neue Ansätze aus der Forschung bis zur Anwendungsreife. Im Fokus stehen Themen wie die stationäre Energiespeicherung für regenerative Energien, nachhaltige Futtermittel für die Aquakultur oder Sensormaterialien für die Wasserstoffwirtschaft. Zugute kommt uns eine veränderte Großwetterlage, wenn es um Transfer geht: Ihre Bedeutung wird gesellschaftlich zunehmend erkannt, ihr Image ist in den vergangenen Jahren deutlich besser geworden.

    © Volker Diekamp, Universität Bremen

    Expedition MSM 111 in der Baffin Bay: Im Besprechungsraum des Forschungsschiffs Maria S. Merian diskutieren Wissenschaftler über die ersten Ergebnisse einer Tiefseebohrung. Gemeinsam versuchen sie, die Schichtung des Ozeanbodens zu verstehen. „Wie sich später herausstellen sollte, lagen wir mit unseren ersten Interpretationen völlig daneben“, sagt der damalige Expeditionsleiter Michal Kucera (Bildmitte) heute.

    Sie sind Tscheche, haben in Prag studiert, in Schweden promoviert und Ihre wissenschaftliche Laufbahn führte sie über die USA, Großbritannien an mehrere Universitäten in Deutschland. Wie beurteilen Sie die deutsche Wissenschaftsszene im internationalen Vergleich?
    Die Freiheit der Forschung an deutschen Universitäten ist großartig. Sie müssen sich nicht durch Studiengebühren finanzieren und sind deshalb weniger kommerziell ausgerichtet als Hochschulen im angelsächsischen Raum. Dort hat die Lehre eine größere Bedeutung als in Deutschland, es gibt viele Tutorien für Studierende und die Gestaltung des Curriculums ist flexibler als in Deutschland. Während es hierzulande oft um das Einhalten von Regeln gilt, etwa bei der Lehrverpflichtung, wird in Großbritannien die Lehre bedarfsgerecht und flexibel im Kollektiv der Lehrenden verteilt. Große Pluspunkte für Deutschland sind wiederum die hervorragende Forschungsförderung und die weltweit einmalige Forschungsinfrastruktur. Sie machen das Land zu einer wissenschaftlichen Großmacht. Ich zum Beispiel profitiere sehr von Zugang zu exzellenten meereswissenschaftlichen Geräten und hochmodernen Forschungsschiffen. 

    Haben Sie noch Zeit für eigene Forschung?
    Ja, aber leider nicht mehr so viel wie früher. Deshalb starte ich derzeit keine neuen Großprojekte, sondern konzentriere mich auf die Auswertung der Ergebnisse vergangener Expeditionen. Da sind zum Beispiel Proben aus einer Tiefseebohrung, die wir 2022 bei einer von mir geleiteten Expedition in der Baffin Bay gewonnen haben. Hier erwarten wir neue Erkenntnisse zum Abschmelzverhalten der grönländischen Eiskappe in der Vergangenheit, die wichtig für unsere Zukunft in einem wärmeren Erdklima sind. Bei dieser Ausfahrt haben wir auch Sedimentkerne in Südgrönland gewonnen, die wertvolle Informationen über das Klima der letzten zehntausend Jahre enthalten. Sie werden uns helfen zu verstehen, warum die Wikinger ihre Siedlungen auf Grönland im 15. Jahrhundert verließen, nachdem sie vierhundert Jahre dort gelebt hatten. Die Expedition MSM 111 mit dem Forschungsschiff Maria S. Merian fand übrigens im Rahmen des Exzellenzclusters der Universität Bremen „Der Ozeanboden – unerforschte Schnittstelle der Erde“ statt, dessen Fortsetzung kürzlich bewilligt wurde.

    Lassen Sie uns noch einmal auf die die GDNÄ-Tagung 2026 schauen: Auf was können sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schon jetzt freuen?
    Auf faszinierende Vorträge zu aktuellen Themen in den Naturwissenschaften und ein tolles Begleitprogramm. Geplant ist zum Beispiel ein Empfang im Bremer Übersee-Museum. Das Haus mit seiner europaweit einzigartigen Sammlung aus Natur-, Völker- und Handelskunde feiert 2026 seinen 130. Geburtstag. Ein weiteres Highlight ist der Besuch im Universum Bremen  Das beliebte Wissenschaftscenter liegt direkt am Uni-Campus und lädt uns mit bei einer exklusiven Führung zum Mitmachen und Experimentieren ein.

    Saarbrücken 2018 © Robertus Koppies

    © Jan Rathke / Universität Bremen

    Prof. Dr. Michal Kucera, Konrektor der Universität Bremen und Geschäftsführer Wissenschaft der GDNÄ-Versammlung 2026 in Bremen.

    Zur Person

    Michal Kucera studierte Geologie in Prag und promovierte an der Universität Göteborg in Schweden. Es folgten Aufenthalte im kalifornischen Santa Barbara, in London und in Tübingen, ehe er 2012 nach Bremen an den Fachbereich Geowissenschaften und das MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen als Professor für Mikropaläontologie / Paläozeanographie wechselte. In seiner Forschung untersucht Michal Kucera den Einfluss des Klimawandels in der älteren und jüngeren Vergangenheit auf die marine Umwelt und deren Bewohner.

    Neben seiner Rolle im Vorstand des Excellenzclusters „Der Ozeanboden – unerforschte Schnittstelle der Erde“ war er Sprecher des deutsch-kanadischen Graduiertenkollegs ArcTrain und Mitglied der Senatskommission für Erdsystemforschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Seit September 2022 ist er Konrektor für Forschung und Transfer der Universität Bremen. 2025 wurde er in das Amt des Präsidenten der Wittheit zu Bremen gewählt, einer traditionsreichen wissenschaftlichen Gesellschaft der Freien Hansestadt Bremen. Und seit 2024 ist Michal Kucera Mitglied der GDNÄ und Geschäftsführer Wissenschaft für die 134. Versammlung der Naturforschergesellschaft in Bremen 2026.

    Saarbrücken 2018 © Robertus Koppies

    @ Raphael Morard

    Bei der Expedition MSM 111 überwachen Michal Kucera und ein Kollege am Arbeitsdeck des Forschungsschiffs die Entnahme eines Sedimentkerns.
    Zum Weiterlesen:

    Stefan Buchholz: „Diese Entwicklung dürfen wir nicht verschlafen“

    „Diese Entwicklung dürfen wir nicht verschlafen“

    Stefan Buchholz, Mitglied im Vorstandsrat der GDNÄ und deren designierter Generalsekretär, über seinen Weg in der chemischen Industrie, künstliche Intelligenz und Pläne für die Zukunft.

    Herr Professor Buchholz, Mitglied der GDNÄ sind Sie schon lange. Wie lange genau?
    Tatsächlich schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert. Dazu gebracht hat mich Professor Heribert Offermanns, ein begnadeter Chemiker und Vorstandsmitglied der Degussa. Als Vorstandsassistent habe ich einige Jahre für ihn gearbeitet und zum Beispiel Reden für ihn geschrieben. Herr Offermanns war mein Mentor – er hat mich von den Qualitäten der GDNÄ überzeugt.

    Was hat Sie besonders angesprochen?
    Das große Themenspektrum und der fachübergreifende Ansatz in den Naturwissenschaften. Schon als Kind habe ich mich für die Natur in ihrer ganzen Fülle interessiert und war fasziniert von der Unendlichkeit des Weltalls. Als es dann ans Studieren ging, fiel es mir schwer, mich zwischen Chemie, Biologie und Physik zu entscheiden. Die Wahl fiel schließlich auf die Chemie, was im Nachhinein betrachtet richtig für mich war.

    Inwiefern?
    Weil die Chemie sehr viele Anknüpfungspunkte zu anderen Disziplinen bietet. Die spannendste Zeit meiner beruflichen Laufbahn waren die Jahre im Bereich Biotechnologie, in denen ich unter anderem mit Biologen, Physikern und Ingenieurwissenschaftlern zusammenarbeiten konnte. Das waren wunderbare interdisziplinäre Teams, die zu tollen Ergebnissen kamen. Ich denke zum Beispiel an fermentativ erzeugte Aminosäuren, die aus tierischem Material gewonnene Aminosäuren ersetzen. In der BSE-Krise war das eine wichtige und für das Unternehmen gewinnbringende Neuerung.

     © Evonik

    An einem großen Fermenter im Projekthaus Biotechnologie gibt Chemieingenieur Kai Boldt Daten zur Prozesssteuerung ein.

    Sie haben bei der damaligen Degussa angefangen und sind dem Unternehmen und seinen Nachfolgefirmen, heute Evonik,  bis zum Ruhestand treu geblieben. Eine akademische Karriere hat Sie nicht gereizt?
    Doch, grundsätzlich schon, die war ursprünglich mein Ziel gewesen, aber die Chemie war nach meiner Einschätzung, die ich im Studium gewonnen habe, relativ ausgeforscht, die grundlegenden Moleküle sind bekannt. Klar, man kann noch unendlich viele neue Moleküle herstellen, aber das war nicht mein Weg. Mehr interessierten mich dann die Innovation, die Nutzung von Wissen für neue Prozesse und Produkte. Spannend fand ich auch den Praxistransfer vom Forschungsergebnis in die großtechnische Produktion. Das ist schwierig, aber immer wieder gelingt er auch. Ein Beispiel sind die sehr hautfreundlichen, naturidentischen und biologisch abbaubaren Biosurfactants, die eines meiner Projektteams im letzten Jarhzehnt entwickelt hat: Heute werden sie etwa in Spülmitteln und Hautpflegeprodukten verwendet. Als Biotech-Verantwortlicher, der über mehrere Jahre nur Biologen und Ingenieuren als Mitarbeiter hatte, fühlte ich mich in der chemischen Industrie sehr wohl. 

    Der deutschen Chemieindustrie geht es derzeit nicht gut. Fehlt es an Innovation?
    Ja, aber nicht nur im Sinne von neuen chemischen Produkten. Wir haben schon sehr viele gute Produkte. Die chemische Industrie ist eine reife Industrie, die in einer gigantischen Transformation steckt. Energie und Rohstoffe sind teuer, Billigkonkurrenz und schwache Nachfrage drücken die Margen. Eine Konsolidierung ist unausweichlich, die chemische Industrie wird schrumpfen. Gleichzeitig wird sie dringend gebraucht, auch um dem Klimawandel zu begegnen und die Umwelt besser zu schützen. Gefragt sind jedoch radikal neue Ansätze. Chancen sehe ich in der Verknüpfung von Chemie und künstlicher Intelligenz, sie wird dem Fach einen großen Schub geben. Und diese Entwicklung dürfen wir nicht verschlafen.

     © Evonik

    Im Projekthaus Biotechnologie nimmt Projektleiter Dr. Stefan Verseck eine Probe aus einem Stahlbehälter.

    Das klingt nach einem guten Thema für die nächste GDNÄ-Versammlung 2026 in Bremen.
    Ja, tatsächlich ist dazu ein Beitrag vorgesehen. Geplant sind auch Vorträge zur industriellen Biotechnologie und zur elektrokatalytischen Gewinnung von grünem Wasserstoff. Den Nobelvortrag wird Benjamin List vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim halten. Er berichtet von seiner Forschung zur Organokatalyse, für die er 2021 den Chemie-Nobelpreis erhielt.

    In der GDNÄ sind Sie nicht nur Gruppenvorsitzender für das Fach Chemie, sondern auch designierter Generalsekretär. Anfang 2027 werden Sie das Ehrenamt von Michael Dröscher übernehmen. Was motiviert Sie?
    Die GDNÄ passt gut zu mir und meinem Interesse an grundsätzlichen und zugleich fachübergreifenden Fragen. Dafür steht die GDNÄ seit zweihundert Jahren. Das beeindruckt mich, das finde ich wichtig und gern trage ich zu ihrer künftigen Entwicklung bei.

    Haben Sie dafür schon Ideen?
    In meinem Studium an der Universität des 3. Lebensalters der Frankfurter Goethe-Universität. beschäftige ich mich derzeit intensiv mit Naturphilosophie. Dabei geht es auch um unsere Fähigkeit zur Naturerkenntnis und deren Grenzen. Wir lernen viel über Wissenschaftstheorien und Wissenschaftsgeschichte und diskutieren angeregt darüber. So ein Themenangebot könnte ich mir auch in der GDNÄ vorstellen. Dass Interesse an derart grundsätzlichen Fragen besteht, zeigt der große Zulauf zu meinem Studiengang.

    Saarbrücken 2018 © Robertus Koppies

    © Privat

    Prof. Dr. Stefan Buchholz, Chemiker, designierter Generalsekretär der GDNÄ.

    Zur Person

    Professor Stefan Buchholz studierte in Marburg Chemie und absolvierte am Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz mit einer Arbeit über monomolekulare Schichten seine Promotion. Anschließend ging Buchholz als Post-doc an die Harvard University in Boston. Seit 2011 ist er Honorarprofessor an der Universität Stuttgart. Seine berufliche Laufbahn begann der 63-Jährige bei der Degussa 1993 im Geschäftsbereich Industrie- und Feinchemikalien in Frankfurt. In den Jahren 1995 bis 1998 leitete er die Forschungsplanung und -koordination des Unternehmens und war Vorstandsassistent. Von 1998 bis 2000 arbeitete der Chemiker als Betriebsassistent am Degussa-Standort Antwerpen. 2000 übernahm er die Leitung des Projekthauses Biotechnologie, einer Forschungsgruppe, die sich schwerpunktmäßig mit Biokatalyse beschäftigte. Anschließend war Stefan Buchholz unter anderem vier Jahre lange Leiter des Bereichs Innovation Management C4 Chemie, bevor er im Jahr 2012 die Leitung der strategischen Forschungs- und Entwicklungseinheit Creavis und später die der Division Nutrition and Care übernahm. Im Jahr 2023 wechselte er in den Vorruhestand. Professor Buchholz wurde mehrfach ausgezeichnet; zuletzt erhielt er den Degussa Innovations-Preis für die Entwicklung neuer Fermentationsprozesse in der Pharmaproduktion. Er war und ist Mitglied in zahlreichen Gremien und Fachgesellschaften, hat vielfach publiziert und besitzt mehr als zwanzig Patente.

    Ferdi Schüth ist neuer Vizepräsident der Leopoldina

    Ferdi Schüth ist neuer Vizepräsident der Leopoldina

    Auszeichnung für den Chemiker, Katalyseforscher und künftigen Präsidenten der GDNÄ

    Bei der Jahresversammlung der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopolina in Halle wurde Professor Ferdi Schüth neu in das Präsidium der Akademie gewählt. Der Chemiker und Katalyseforscher ist Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim. Als derzeitiger Vizepräsident der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte wird er die Präsidentschaft der GDNÄ im Januar 2027 übernehmen. 

    Neben Ferdi Schüth wurden bei der Leopoldina-Jahresversammlung am 25. und 26. September auch die Professoren Thomas Lengauer sowie der Immunbiologe Thomas Boehm zu Vizepräsidenten gewählt. Der Mathematiker und Informatiker Lengauer hielt die Leopoldina Lecture bei der GDNÄ-Jahresversammlung 2018 in Saarbrücken zum Thema statistische Datenanalyse in der Zeit von Big Data. Thematischer Schwerpunkt der Leopoldina-Jahresversammlung 2025 war die künstliche Intelligenz. 

    Ferdi Schüth forscht unter anderem zur Wasserstoffspeicherung. Er entwickelte innovative Speicherlösungen und Materialien, die eine sichere und effiziente Lagerung von Wasserstoff ermöglichen und damit den Einsatz von Brennstoffzellen und erneuerbaren Energien unterstützen. 

    Die Leopoldina wird durch einen Vorstand und ein Präsidium geleitet. Das Präsidium trifft sich mindestens vier Mal im Jahr und bereitet alle wichtigen Entscheidungen der Akademie vor. Die Mitglieder des Präsidiums werden vom Senat gewählt, ihre Amtszeit beträgt fünf Jahre. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Den Vorstand bilden die Präsidentin oder der Präsident und die Vizepräsidentinnen und -präsidenten. Diese werden für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich.

    DLR_Anke_Kaysser-Pyzalla

    © Frank Vinken für MPI für Kohlenforschung

    Professor Dr. Ferdi Schüth

    Zum Weiterlesen: