Prof. Dr. Hans-Georg Kräusslich
Der Tag müsste gerade 48 Stunden haben für Hans-Georg Kräusslich. Eine Telefonkonferenz nach der anderen, Visiten am Krankenbett, Besprechungen im Labor – der Heidelberger Professor für Virologie hat immer viel zu tun, in der Corona-Krise ist er jedoch im Dauereinsatz. Am Uniklinikum Heidelberg steht GDNÄ-Mitglied Kräusslich nicht nur als Leiter des Zentrums für Infektionsmedizin im Mittelpunkt des Geschehens, als Dekan der Medizinischen Fakultät ist er auch dafür verantwortlich, dass die ganze Klinik funktioniert. Daneben treibt er als Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) Studien zu „SARS-CoV-2“ voran, dem Auslöser der weltweiten Pandemie.
Neue Testmethoden zur Diagnose, antivirale Medikamente und ein Impfstoff gegen das neue Coronavirus stehen am DZIF ganz oben auf der Agenda. Zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Infektiologie wird derzeit ein europaweites Fallregister aufgebaut, um klinische Daten von Infizierten zu sammeln. Das Register soll zum Beispiel zeigen, unter welchen Umständen Patienten nach einer Infektion schwer erkranken, wann sie mit leichten Symptomen davonkommen und welche Maßnahmen sich am besten bewähren. „Wir sind sehr zuversichtlich, einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen das Virus leisten zu können“, sagt Hans-Georg Kräusslich, der auch in diesen Zeiten größter Anspannung ruhig und besonnen wirkt.
Aktuell engagiert er sich zusätzlich als Mitglied einer Expertengruppe, die einen Stufenplan für die Zeit nach dem Corona-Stillstand vorgelegt hat. „Als Gesellschaft müssen wir jetzt Szenarien für einen schrittweisen Weg zurück in die Normalität entwickeln“, begründet der Heidelberger Mediziner seinen Einsatz.
Mitglied der GDNÄ ist Hans-Georg Kräusslich seit fast vierzig Jahren. Im September 1982 besuchte er als Medizinstudent die Versammlung in Mannheim, die unter dem Motto „Fortschrittsberichte aus Naturwissenschaft und Medizin“ tagte. Dort hörte der damals 24-Jährige eine Reihe von Vorträgen, wobei ihn der Beitrag des deutschstämmigen US-Virologen Peter K. Vogt besonders faszinierte. Vogt sprach in Mannheim über krebsauslösende Gene, sogenannte Onkogene. Diese Forschungsrichtung stand damals noch ganz am Anfang und Vogt zählte mit seinem Labor an der University of Southern California in Los Angeles zu den Pionieren. „Ich war sehr beeindruckt von den Neuigkeiten, die ich auf der GDNÄ-Versammlung erfuhr“, sagt Hans-Georg Kräusslich rückblickend. Sein Faible für die die Virologie sei damals geweckt worden – und habe sich in seiner Zeit als Postdoc in den USA weiter verstärkt.
Nach Deutschland zurückgekehrt baute der junge Mediziner am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg eine Gruppe auf, die Aidsviren erforschte. Mitte der 1990er-Jahre ging er ans Heinrich-Pette-Institut in Hamburg, dessen Direktor er bis 1999 war. Im Jahr 2000 wurde Kräusslich Leiter der Virologie am Universitätsklinikum Heidelberg und seit 2003 ist er Direktor des Zentrums für Infektiologie. Im Herbst 2019 wählten seine Kollegen ihn zum Dekan der Medizinischen Fakultät Heidelberg.
„Gerade für Schüler und Studierende bietet die GDNÄ hervorragende Gelegenheiten, mit Wissenschaftlern in Kontakt zu kommen und aktuelle Forschungsrichtungen kennenzulernen“, sagt Hans-Georg Kräusslich. Ihm hat die Tagung vor fast vierzig Jahren den entscheidenden Impuls gegeben – auch deshalb ist er „seiner“ GDNÄ treu geblieben.
Prof. Dr. Hans-Georg Kräusslich