Schülerprogramm
Auf jeder Versammlung heißt die GDNÄ bis zu 150 Schülerinnen und Schüler willkommen. In der Regel handelt es sich dabei um die Besten aus naturwissenschaftlichen Leistungskursen gymnasialer Oberstufen. Um sie zu finden, werden die Schulleitungen im Umkreis des nächsten Versammlungsortes gebeten, Nominierungen für das Schülerprogramm einzureichen. Aus den Einreichungen wählt die GDNÄ eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern aus, denen ein WE-Heraeus-Schülerstipendium zuerkannt wird. Es bietet einen privilegierten Zugang zur nächsten Versammlung: alle Kosten werden gedeckt und neben einer umfassenden Studienberatung durch Professoren gibt es noch ein besonderes Rahmenprogramm. Die Teilnahme am Schülerprogramm wird mit einer Urkunde bestätigt. Die Reise zur GDNÄ ist für so manche Stipendiaten ein unvergessliches Erlebnis, wie die Interviews mit Elly Bastian und Jonathan Fratz zeigen. Dass es so gut läuft, ist vor allem Paul Mühlenhoff zu verdanken, der beim Schülerprogramm seit Jahren die Fäden zusammenhält.
© GDNÄ
Schülerprogramm 2022 im Fernsehen
In seiner Nachrichtensendung „Sachsenspiegel“ strahlte der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) am 8. September 2022 einen Beitrag über das GDNÄ-Schülerprogramm aus. Gezeigt wurde, wie sich Schülerinnen und Schüler im Leipziger Goethe-Gymnasium auf ihren Auftritt bei der Eröffnung der 200-Jahr-Feier vorbereiten. Das Kamerateam begleitete die jungen Leute auch zu ihrer Präsentation mit dem Titel „Wir haben nur eine Welt“ in der Kongresshalle am Zoo Leipzig.
© MDR
„So viel Begabung und Engagement“
Es ist Frühling, Herr Mühlenhoff, und Sie stecken mitten in den Vorbereitungen für das nächste Schülerprogramm. Wie gehen Sie vor?
PM: Wir fangen ungefähr ein Jahr vor der Versammlung an und suchen passende Schulen rund um den Tagungsort aus. Die Schüler sollen nicht länger als zweieinhalb Stunden anreisen müssen – das ist ein wichtiges Kriterium. Anschließend schreiben wir die Schulleitungen an und bitten um Vorschläge. Jede Schule darf bis zu vier Kandidaten im Alter zwischen 16 und 20 Jahren nominieren. In der Regel laden wir rund 500 Schulen ein, sich an dem Stipendienprogramm zu beteiligen.
Wie viele Nominierungen erhalten Sie im Durchschnitt?
PM: Meistens kommen zwischen 200 und 250 Kurzvorschläge zusammen. Aus dieser Gruppe wählen wir 150 Schüler aus, die durch besonders gute Leistungen in den naturwissenschaftlichen Fächern auffallen und soziales Engagement zeigen.
Der Organisator
PM: Ein Rundum-Sorglos-Paket für vier Tage und drei Nächte. Da ist alles drin von der Jugendherbergs-Unterkunft über die Verpflegung bis zur Fahrtkostenerstattung und weiteren Veranstaltungen. Die Schüler erhalten freien Zugang zu den wissenschaftlichen Vorträgen. Wir organisieren zudem eine hochkarätig besetzte Studienberatung für die ganze Gruppe. Dabei stellen Professoren der Fachrichtungen Biologie, Chemie, Physik, Informatik und Medizin ihre eigene Laufbahn vor und gehen auf individuelle Fragen ein. Am letzten Tag erhalten die Schüler bei Labortouren unmittelbare Einblicke in die Welt der Wissenschaft.
Können Sie ein Beispiel nennen?
PM: Bei der letzten Versammlung in Saarbrücken 2018 konnten wir den Teilnehmern Zugänge zu verschiedenen Forschungsinstituten eröffnen. Sehr stark nachgefragt waren Themen im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz. Bei der Versammlung in Würzburg 2020 werden wir voraussichtlich einen Workshop veranstalten, der mit den faszinierenden Möglichkeiten moderner, handlicher und leistungsfähiger Mikroskope bekannt macht.
„Diese Versammlung kann ich jedem interessierten Schüler nur weiterempfehlen und ich bin froh, dass solche Programme so hervorragend gefördert werden.“
„Die Offenheit der Profs war super angenehm.“
Wird eine Gegenleistung von den Schülern erwartet?
PM: Nein. Das Stipendium wird ohne Bedingungen vergeben. Wer möchte, kann aber gern zum Programm beitragen – etwa beim Veranstaltungspunkt „Wissenschaft in 5 Minuten“, eine Art Science Slam von Schülern für Schüler. Es geht darum, ein Forschungsthema in fünf Minuten verständlich und unterhaltsam darzustellen. Jeder kann Vorschläge machen, wir suchen dann sieben bis acht Themen aus und geben Hilfestellung beim Präsentieren. Es ist ja doch ganz schön aufregend, so einen Vortrag vor 150 anderen Stipendiaten zu halten.
Welche Themen kommen auf die Bühne?
PM: Das geht querbeet. Ob Sterne sterben können, war mal eine Frage, ob Pflanzen uns im Schlaf umbringen können, eine andere. Die Slams sind oft ziemlich lustig.
Welche Rolle haben Sie in dem ganzen Gemenge?
PM: Ich bin von Anfang bis Ende dabei, also vom ersten Einladungsbrief bis zum Abschlussbericht an die Heraeus-Stiftung, die das Programm durch ihre großzügige Förderung ermöglicht. Während der Versammlung übernachte ich mit den Teilnehmern in der Jugendherberge, organisiere Transporte und Essen und bin für alles ansprechbar. Unterstützt werde ich von acht Tutoren, von denen immer jeweils zwei präsent sind.
Da kommt viel Arbeit zusammen. Was motiviert Sie?
PM: Die vielen tollen jungen Leute. So viel Begabung und Engagement, Begeisterung und Dankbarkeit – das entschädigt für alle Mühen. Nach vier Tagen mit diesen Schülern macht man sich keine Sorgen mehr um die Zukunft unseres Landes. Richtig Arbeit macht das Programm auch nur alle zwei Jahre und mein Schulleiter unterstützt mich nach Kräften.
Sie engagieren sich seit fast zehn Jahren im Schülerprogramm. Welche Trends beobachten Sie?
PM: Bei den Schülern steigt ganz klar die Aufgeschlossenheit für Informatik. Das ist mittlerweile ja auch eine Basisdisziplin für viele Fächer. Und mehr noch als in den Anfangsjahren bleiben die Schüler über soziale Netzwerke untereinander verbunden. Sie freuen sich, endlich Gleichgesinnte gefunden zu haben und spornen sich gegenseitig an.
Eine Frage zum Abschluss: Sie haben oft von „wir“ gesprochen. Wen meinen Sie damit?
PM: Damit ist vor allem Frau Professorin Eva-Maria Neher gemeint, die langjährige Leiterin des Göttinger Experimentallabors für junge Leute, XLAB. Frau Neher engagiert sich sehr für die GDNÄ und mit ihrer Hilfe konnte ich das Schülerprogramm aufbauen und zu dem machen, was es heute ist.
Zum Abschluss des Schülerprogramms erhält jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer eine Urkunde – wie hier im Jahr 2018 in Saarbrücken..
„Wir waren Teil einer großen Tagung und die Atmosphäre, die uns während der Tage umgab, war einfach unbeschreiblich.“
„So viele Gleichgesinnte“
Elly Bastian nahm als Schülerin an der Versammlung 2018 in Saarbrücken teil. Sie war damals 16 Jahre alt und kam vom Goethe-Gymnasium im badischen Gaggenau.
Frau Bastian, was mussten Sie tun, um Schülerstipendiatin zu werden?
EB: Mein damaliger Physiklehrer fragte mich im Laufe des zehnten Schuljahres, ob ich an dem Programm interessiert sei. Als ich ja sagte, schlug er mich vor und ein paar Wochen später kam die Zusage. Dass ich ausgewählt wurde, war eine große Ehre.
Bei der Versammlung in Saarbrücken, zu der Sie eingeladen waren, ging es um Künstliche Intelligenz. War das ein Thema, mit dem Sie sich auskannten?
EB: Bis dahin hatte ich mich noch nicht groß damit beschäftigt. Wir haben aber davor einen Ablauf des Programms bekommen, wodurch ich die Möglichkeit hatte, mich schon davor ein wenig zu informieren.
EB: Auf jeden Fall. Trotzdem gab es ein paar sehr spezielle Vorträge, die mich überfordert haben. Zum Beispiel die Vorträge über Quantenphysik waren sehr anspruchsvoll: Das Gebiet war mir zu diesem Zeitpunkt völlig neu.
Aber dann fand ich das, was ich in Saarbrücken darüber hörte, so spannend, dass ich es meinem Physiklehrer als Unterrichtsthema vorschlug. Wir haben uns dann auch tatsächlich damit beschäftigt.
Das Schülerstipendium liegt für Sie zwei Jahre zurück: Was ist Ihnen davon in Erinnerung geblieben?
EB: Es war einfach toll mit so vielen naturwissenschaftlich interessierten Jugendlichen zusammenzukommen. Das hat man in der eigenen Schule meistens nicht. Das Gesamtpaket war großartig: Wir konnten überall teilnehmen, hatten ein Kulturprogramm mit Ballett und Konzert und wohnten schön in der Jugendherberge. Wir wurden zu nichts gezwungen, alles war freiwillig. Wenn wir Schüler nach den Vorträgen Fragen hatten, sind die Wissenschaftler darauf ausführlich eingegangen. Die haben sich gefreut, dass wir da waren – wir waren in die gesamte Versammlung integriert.
EB: Hm, vielleicht lassen sich manche Vorträge verständlicher gestalten. Ich fände es auch gut, wenn noch mehr Beratung für Schüler angeboten würde. Ich habe von dem direkten Kontakt mit den Wissenschaftlern jedenfalls sehr profitiert.
Hatte das Schülerprogramm Einfluss auf Ihre Studienwahl?
EB: Ich war mir vorher schon ziemlich sicher, dass ich Mathematik studieren wollte. Die Erfahrungen im Programm haben mich darin bestärkt.
EB: Die WhatsApp-Gruppe, die wir in Saarbrücken gegründet haben, existiert immer noch und mit einigen aus der Gruppe tausche ich mich auch direkt aus. Ich fände es schön, wenn daraus ein Netzwerk von Gleichgesinnten entstehen würde – mit Schülern, Studierenden und Wissenschaftlern.
Elly Bastian
„In den Vorträgen habe ich einiges gelernt, von dem ich davor noch nichts gehört hatte.“
„Ich würde jedem dieses Programm empfehlen und immer wieder mitmachen.“
„Da war ein Glänzen in den Augen“
Herr Fratz, wie sind Sie in das Schülerprogramm zur 130. GDNÄ-Versammlung in Saarbrücken hineingekommen?
JF: Ich habe damals an meiner Schule den Orientierungskurs Chemie besucht. Meine Chemielehrerin hat mich vorgeschlagen und ich wurde ausgewählt. Zum Glück.
Können Sie das Glück näher beschreiben?
JF: Es war einfach eine unheimlich bereichernde Erfahrung. Was mir besonders gefallen hat, war die große Gesprächsbereitschaft der Professoren und dass man sich praktisch mit jedem Teilnehmer der Versammlung interessant unterhalten konnte. Toll war auch, andere Schüler zu treffen, die an naturwissenschaftlichen Themen interessiert sind. Mit einigen aus der Gruppe habe ich bis heute Kontakt.
JF: Ich hatte zwei Schlüsselerlebnisse in Saarbrücken. Das eine war, als eine Wissenschaftlerin ausfiel und ein Kollege sich ihr Thema über Nacht aneignete und mit einem sehr guten Vortrag einsprang. Ich fand das fachlich und menschlich beeindruckend. Das andere Erlebnis hatte ich nach einem Vortrag über Quantencomputer. Ich war mit anderen Schülern nach vorn gegangen und habe ein paar Fragen gestellt. Der Professor antwortete ausführlich – das Glänzen in seinen Augen werde ich nicht vergessen.
Waren Sie auch bei der Berufsberatung durch Wissenschaftler?
JF: Ja, klar – ich habe eigentlich alles mitgemacht. Berufsberatung hatte ich schon vorher in der Schule, aber da gab es nur allgemeine Infos. Bei der GDNÄ habe ich realistische Einblicke in Karrierewege bekommen, und zwar von erfahrenen Naturwissenschaftlern und Institutsleitern.
JF: Sehr, sehr spannend fand ich die eigenen Projekte, die andere Schüler bei der Tagung vorgestellt haben. Da war zum Beispiel einer, der die Stickstoffoxid-Belastung an einer Darmstädter Kreuzung erfasst und mit offiziellen Messungen verglichen hat. Dabei kam es zu interessanten Abweichungen, über die wir diskutiert haben.
Gibt es auch Dinge, die noch besser gemacht werden könnten?
JF: Ich fände es schön, wenn sich die Schüler untereinander besser kennenlernen würden. Man könnte ein Get-together am Anfang organisieren und anschließend mehr in Kleingruppen zusammenarbeiten. Für die Zukunft würde ich mir regelmäßige Alumni-Treffen wünschen, um das Netzwerk weiter auszubauen.
JF: Ich will auf jeden Fall dabeibleiben und zur weiteren Entwicklung der GDNÄ beitragen. Auch wenn ich wahrscheinlich nicht Chemie, sondern Jura studieren werde.
Jonathan Fratz
„Unvergesslich sind für mich die vielen Diskussionen über die Vorträge sowie amüsante Abende in der Jugendherberge.“
Jonathan Fratz (16, Bad Homburg)
„Das Tolle an dieser Studienberatung war, dass keine Werbung für die jeweilige Uni gemacht wurde, sondern dass man Werbung für das jeweilige Fach gemacht hat.“
Felix Jung